Mit dem Themenbereich »Tun und Lassen« erschließen sich die Schüler*innen in der 10. Jahrgangsstufe zum ersten Mal auf einem abstrakteren Niveau ein moralisches Problemfeld und werden befähigt, ethisch zu argumentieren und einen moralisch begründeten Standpunkt einzunehmen. Dabei ist der Schwerpunkt auf den Themenbereich »Wahrheit und Lüge« oder »Eigentum« zu legen – beides Themenbereiche, die vergleichsweise konkret in der Alltagswelt der Schüler*innen verankert werden können. Die geforderte Verknüpfung mit der christlichen Perspektive kann dabei aber in die Gefahr geraten, recht flach mit einem Verweis auf den Dekalog oder das Doppelgebot der Liebe zu enden – wobei dies ja bereits seit der Unterstufe bekannt und immer wieder thematisiert worden ist und darum häufig weder großen Anregungswert, noch echtes Diskussionspotenzial für die Schüler*innen bieten. Die hier vorliegende Stunde versucht darum, mit Hilfe unterschiedlicher christlicher Impulse auf Grundlage verschiedener bekannter, aber auch unbekannterer Bibeltexte eine Vielfalt an biblischen Perspektiven auf das bekannte Heinz-Dilemma zu werfen, um die Schüler*innen zu einer Diskussion zu veranlassen, in der verschiedene, sich z. T. widersprechende biblische Impulse thematisiert und abgewogen werden müssen. Dies geschieht in arbeitsteiliger Gruppenarbeit oder einem Expertenpuzzle, sodass die Jugendlichen sich zunächst je mit nur einem biblischen Standpunkt vertraut machen, um dann in der Diskussion diesen verteidigen bzw. ihn mit anderen christlichen Perspektiven auf das ethische Problem in Übereinstimmung bringen müssen.
Die Einheit deckt damit den Bereich »Christliche Perspektiven im Umgang mit dem gewählten Problemfeld« ab, wobei mit dem Heinz-Dilemma ein Schwerpunkt auf den Bereich »Eigentum« gewählt wurde. Dabei werden sowohl verschiedene christliche Impulse kennengelernt, als auch konkrete Konsequenzen abgeleitet und so christlich motivierte Ethik aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Die Stunde ist relativ spät innerhalb der Einheit ER 10.5 zu verorten. Die Schüler*innen sollten sich zuvor ethisches Grundwissen angeeignet haben, um sprachfähig zu sein für moralische Diskussionen, und das Heinz-Dilemma bereits in der Vorstunde ethisch durchdacht und einen begründeten moralischen Standpunkt dazu erarbeitet haben, wobei dies auf Grundlage ihrer Alltagsmoral stattgefunden hat. Dazu würde sich z.B. das Modell von H.E. Tödt zur ethischen Urteilsfindung anbieten, wie es in zahlreichen Schulbüchern für den ER der zehnten Jahrgangsstufe angeboten wird. Im Anschluss an die vorgestellte Stunde sollte eine Rückkehr in die Alltagswelt der Schüler*innen angestrebt werden, in der die anhand des Heinz-Dilemmas erarbeiteten ethischen und konkret christlich-biblischen Standpunkte zum Themenbereich »Eigentum« auf strittige Situationen in der Lebenswelt der Jugendlichen übertragen werden, wie etwa Schwarzfahren oder illegale Downloads. Dabei ist darauf zu achten, dass sich aus den bisher nur abstrakt für das Heinz-Dilemma erarbeitete christlichen Standpunkten konkrete Richtlinien für ein christlich motiviertes Leben und Handeln der Jugendlichen ableiten lässt.
Franziska Müller
Die Schüler*innen…
| Soz.form | Mat |
Wiederholung des Heinz-Dilemmas Je nach Art der Vorstunde, in der das Heinz-Dilemma und seine moralischen Perspektiven erarbeitet worden sind, kann lediglich die Überschrift präsentiert und der Inhalt des Dilemma wiederholt oder mit Hilfe der vorgegebenen Argumente noch einmal der moralische Gehalt verschiedener möglicher Standpunkte überprüft werden. | UG / ggf. RA | M1 |
Biblische Perspektiven auf den ethischen Konfliktfall Impuls: Heute wechseln wir die Perspektive und fragen uns: Würde ein überzeugter Christ Heinz raten, das Medikament zu stehlen? Die Schüler*innen geben ihre erste Einschätzung einer christlichen Haltung zu Heinz moralischem Konflikt ab in Form einer Abstimmung mit grüner bzw. roter Karte. Das Ergebnis kann an der Tafel schriftlich fixiert werden. Ein kurzes Plenumsgespräch kann die Gründe einzelner Schüler*innen für ihre Abstimmung für den ganzen Kurs verdeutlichen und so das Vorwissen zu biblischen Leitlinien für alle aktivieren. Anmerkung: In der Regel wird hier das siebte Gebot genannt. In leistungsstarken Kursen ist auch ein Verweis der Schüler auf das fünfte Gebot möglich und damit bereits eine Vorahnung, dass man auch mit der Bibel nicht eindeutig argumentieren kann, sondern unterschiedliche Haltungen gegeneinander abwägen muss. | LV, Karten-Abstimmung, UG
| rote und grüne Karten |
Verschiedene biblische Impulse zum Heinz-Dilemma In Gruppen erarbeiten die Schüler*innen anhand von einer der genannten vier Materialien eine mögliche christliche Haltung bezüglich des ethischen Konfliktes. Die angefügten Arbeitsaufträge dienen der stärkeren Strukturierung und Anleitung des Arbeitsprozesses, für leistungsstärkere Gruppen ist ein weniger kleinschrittiges Vorgehen aber möglicherweise angemessener. Anmerkung: Der letzte Arbeitsauftrag weist über eine unmittelbare Auseinandersetzung mit dem Heinz-Dilemma hinaus und kann für diesen Stunden-Entwurf auch weggelassen werden. Zur Sicherung der Ergebnisse kann M6 als strukturierendes Arbeitsblatt den Schüler*innen an die Hand gegeben werden. | arbeitsteilige GA / Expertenpuzzle (Phase 1)
| M2-5, evtl. M6 |
Anwendung und Konkretisierung der biblischen Impulse Je nach zeitlichem Rahmen und Methodenkompetenz bzw. Leistungsstärke des Kurses bieten sich im Anschluss zwei Methoden zum Austausch und zur Erarbeitung eines begründeten Standpunktes innerhalb aller christlichen Impulse an:
Zur Sicherung der Ergebnisse kann M6 als strukturierendes Arbeitsblatt den Schüler*innen an die Hand gegeben werden. | SV, UG Expertenpuzzle (Phase 2), SV | evtl. M6 |
Vertiefung und persönlicher Bezug als Abschluss Zum Abschluss werden die Schüler*innen dazu aufgefordert, noch einmal auf Grundlage ihrer erworbenen Kenntnisse und der bisherigen Diskussionen mit Hilfe der roten und grünen Karten abzustimmen, ob ein überzeugter Christ Heinz zum Diebstahl des Medikaments raten würde. Das neue Ergebnis wird neben das alte notiert. Die Gründe für die gleichbleibende oder abweichende neue Abstimmung werden abschließend im Plenum thematisiert. | Karten-Abstimmung, UG
| rote und grüne Karten |
Mögliche moralische Standpunkte zum Heinz-Dilemma als Anknüpfungspunkt und Wiederholung der vergangenen Stunde
Lk 16,19-31: Der reiche Mann und der arme Lazarus
(in der Übersetzung »Die Gute Nachricht« mit Ergänzungen zu möglicherweise unbekannten Wörtern; Quelle: Gute Nachricht Bibel, durchgesehene Neuausgabe, © 2018 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart; www.bibel-online.de)Mit Arbeitsauftrag für die Gruppen-Erarbeitung
Informationstext zum Dekalog (Ex 20,1-17)
Mit Arbeitsauftrag für die Gruppen-Erarbeitung
Mt 25,31-46: Der reiche Mann und der arme Lazarus (in der Übersetzung »Die Gute Nachricht« mit Ergänzungen zu möglicherweise unbekannten Wörtern, Quelle: Gute Nachricht Bibel, durchgesehene Neuausgabe, © 2018 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart; www.bibel-online.de )
Mit Arbeitsauftrag für die Gruppen-Erarbeitung
Mk 2,23-28: Jesus und der Sabbat
(in der Übersetzung »Die Gute Nachricht« mit Ergänzungen zu möglicherweise unbekannten Wörtern, Quelle: Gute Nachricht Bibel, durchgesehene Neuausgabe, © 2018 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart; www.bibel-online.de)Mit Arbeitsauftrag für die Gruppen-Erarbeitung
Strukturierendes Arbeitsblatt zur Sicherung des Arbeitsprozesses in der Gruppenarbeit/dem Expertenpuzzle
Mit möglichen Lösungen für die Lehrkraft