Medienethik & Soziale Netzwerke

Der Netzwerkeffekt!

 

Medienerziehung ist zu Recht eines der zentralen Anliegen aktueller Bildungskonzepte, haben doch gerade in diesem Bereich in den letzten Jahren ganz erhebliche Entwicklungen stattgefunden und damit Bildungsbedürfnisse bei Lehrer*innen wie Schüler*innen entstehen lassen.

Dies wird schon augenfällig, wenn man den noch teilgültigen G8-Lehrplan und den im Aufbau befindlichen LehrplanPLUS vergleicht: Ersterer geht von einem völlig anderen, vergleichsweise passiven Medienbegriff aus, sieht unterrichtsrelevante Fragestellungen im Vermitteln von Recherchetechniken, im Hinterfragen von Weltinszenierung  durch traditionelle Medienformen und Umgang mit individuellem Medienkonsum. Dies darf nicht verwundern, ist er doch 2003 in Kraft getreten – und damit ein Jahr älter als Facebook, zwei Jahre älter als YouTube, sechs älter als WhatsApp und so weiter.

Der LehrplanPLUS nennt hingegen »Medienbildung/Digitale Bildung« als zentrales übergreifendes Ziel und versteht darunter »Kenntnisse und Fertigkeiten, um sachgerecht, selbstbestimmt und verantwortungsvoll in einer multimedial geprägten Gesellschaft zu handeln.« Die Schüler*innen sollen dabei zu Folgendem befähigt werden »Sie analysieren und bewerten Vorzüge und Gefahren von Medien und nutzen diese bewusst und reflektiert für private und schulische Zwecke. Insbesondere wägen sie kriteriengeleitet ihren Umgang mit sozialen Netzwerken ab.«

Diese unterschiedlichen Perspektiven reflektieren sich natürlich auch im Fachlehrplan Evangelischer Religionslehre; hier tauchen medienethische Fragen im G8 vorwiegend im Lernbereich 11.1 auf, während der LehrplanPLUS erheblich mehr Anbindung von Lernwegen wie dem im Folgenden skizzierten ermöglicht. Dieser setzt nämlich genau an der oben genannten Zielformulierung an: Die Mechanismen, die sich im eigenen Umgang mit sozialen Netzwerken ergeben, sollen in der didaktisch sinnvollen wie pragmatisch voraussetzungsarmen Verfremdung eines ›analogen‹ Stift-und-Papier-Planspiels nachempfunden werden.

Aktuelle Erhebungen (wie z. B. JIM 2017) legen nahe, dass die Schüler*innen in der Regel über eine solide grundlegende Bedien- oder Handlungskompetenz im Umgang mit sozialen Netzwerken verfügen dürften. Das Grundkonzept des Planspiels, das auf ein Team um den Medienpädagogen Guido Brombach aus dem Jahr 2013 zurückgeht (s. u.), ist zwar erkennbar an Facebook angelehnt, ein Angebot, dessen Beliebtheit zumindest in Deutschland stark rückläufig ist. Dennoch lassen sich, gerade durch die Vertrautheit mit diesen Mechanismen, spätestens in der an die Spielphase anschließenden Reflexion die eigenen Erfahrungen aus anderen Kontexten mit eintragen. Zudem ist damit eine breite Verwendbarkeit garantiert: Das Planspiel kann in Prinzip zu allen Themen eingesetzt werden, in denen Beziehungsfragen im Zentrum stehen, ob ethisch oder anthropologisch grundiert. Bewährt hat sich der Einsatz z. B. gerade in der Jahrgangsstufe 6, weil diese medientechnisch weniger ›abgebrüht‹ sind als Neuntklässer. Der LehrplanPLUS weist in seinen Kompetenzen und zuordenbaren Inhalten stets eine digitale Dimension aus; dies darf aber getrost als Aufforderung verstanden werden, die offensichtlichen entsprechenden Leerstellen des G8-Lehrplans entsprechend zu füllen. Inwieweit die folgenden Unterrichtselemente ›passen‹ wird stark von der individuellen Lerngruppe abhängen, weshalb in der Folge der Schwerpunkt auf dem Spiel an sich liegt.

Johannes Rüster

Kompetenzerwartungen und daraus abgeleitete Verlaufsvorschläge

Die Schüler*innen können …

  • ihre eigenen Erfahrungen im Umgang mit Sozialen Netzwerken beschreiben;
  • auf der Grundlage spielerischer Erprobung medienethisch und -anthropologisch beschreibbare Wirkmechanismen wahrnehmen;
  • daraus Konsequenzen für eigenes Handeln ableiten und entwickeln.
 Soz.formMat.

Hinführung

Präsentation von M1 – Mögliche Impulse:

  • Netzwerke identifizieren
  • Kenntnisse über Mechanismen, Zielgruppe, … zusammentragen
  • Eigene Erfahrungen/Wertungen einbringen
  • Und was ist mit dem Logo unten rechts?

Klärung / Überleitung

  • »dn« steht für »Das Netzwerk« und ist fiktiv
  • Planspiel als Versuch, im Klassenzimmer zu erleben, wie soziale Netzwerke ›funktionieren‹

UG, Plenum
ggf. PA

M1 (Bild)

 

 

 

 

 

Anmeldephase

Jede/r Schüler*in füllt einen Profilbogen aus, dazu gehört auch, ein Profilbild zu wählen oder malen. Hier treffen die Schüler*innen die ersten Entscheidungen:

  • Wie individuell/persönlich ist der Benutzername?
  • Wieviel geben sie von sich preis?
  • Wie ›fake‹ ist ihr Profil?

Es ist Aufgabe der Lehrkraft, die Schüler*innen zur selben Kreativität (auch im Umgang mit systemischen Freiheiten)  zu ermutigen, die sie im Internet an den Tag legen würden. Dennoch sollten Rückfragen behutsam beantwortet werden, um nicht schon Aspekte der anschließenden Reflexion vorwegzunehmen.

Das ausgefüllte Profil wirf ggf. auf dem jeweiligen Schülerpult fixiert und verbleibt dort während des gesamten Spiels.

EA

M2 (Profil)

 

 

 

Beziehungsphase

Im Anschluss werden die grundlegenden Spielmechanismen erläutert und je nach Klassengröße in mehrfacher Ausführung sichtbar angebracht. Ebenso die »Pyramide« als Gradmesser des eigenen Spielerfolgs.

In einer ersten Spielphase entstehen ›Freundschaften‹: Entweder per ›Post‹, d. h. als ›öffentliche Nachricht‹ auf einer Haftnotiz, die auf der ›Pinnwand‹, also dem Bereich des Schülerpults um das Profil herum, angebracht wird. Oder als ›private Nachricht‹: geflüstert.

UG, Plenum

M3 (Spielregeln)

M4 (Pyramide)

 

Spielphase

Sobald sich die ersten Strukturen etabliert haben, wird die Spielphase eingeläutet: Die Schüler*innen ziehen Aktionskarten; die darauf beschriebenen Aktivitäten müssen durchgeführt werden und verlangen von ihnen unterschiedliche kreative Lösungsstrategien. Dabei wird relativ häufig das Gründen bzw. der Umgang mit (Neigungs-)Gruppen gefordert, hierzu sind ausreichend Kopiervorlagen vorzuhalten, für die Gruppen bietet sich eine zentrale Stelle, z. B. eine (echte) Pinnwand, an.

Plenum

M5 (Profilkarten)

M6 (Gruppen)

 

Spielende

Wenn ausreichend Zeit zur Interaktion verstrichen ist, wird zunächst ein/e Sieger*in ermittelt bzw. verorten sich die Schüler*innen selbst auf der Pyramide.

Plenum

M4 (Pyramide)

 

Reflexionsphase

Dieser Phase sollte ausreichend Raum gegeben werden, ein (kontrastives) Eintragen eigener Erfahrungen aus sozialen Medien ist  zu ermutigen. Um auf individuelle Gesprächsbedürfnisse eingehen zu können, bietet sich die Methode der Kartenabfrage an – hier sind auch ›nonkonformistische‹ Spieler*innen, etwa Totalverweigerer, besonders gut mit einzubinden.

Plenum

 

M7 (Reflexion)

 

 

Das Spiel steht unter der CC BY SA 3.0-Lizenz. Die ursprünglichen AutorInnen sind Guido Brombach, Nadine Ickenstein, Olga Mavasheva, Lisa Poggensee, Carina Pogoreutz, Ronald Smolka. Für »DSDM« adaptiert von Johannes Rüster.

Wir bedanken uns herzlich bei allen Rechteinhabern für die Genehmigungen, ihr Material in diesen Entwurf mit aufzunehmen. Trotz aller Bemühungen ist es uns bei den Recherchen nicht in allen Fällen gelungen, die Urheber ausfindig zu machen.  Sollten Fremdrechte bestehen, bitten wir die Rechteinhaber, uns zu benachrichtigen.

Das Konzept als PDF

Alle Materialien als ZIP

Lehrplanbezug

ER 6.1 »In Beziehung«

ER 7.4 »Ich und meine Wünsche«

ER 9.1 »Frei im Netz!?«

Ev 11.1 »Wahrheit und Wirklichkeit«

  

Materialindex

M1 | Bildimpuls »Soziale Netzwerke«

M2 | Arbeitsblatt »Profil«

M3 | Infoblatt »Spielregeln«

M4 | Aushang »Pyramide«

M5 | Profilkarten (für doppelseitigen Druck)

M5a nur Vorderseiten, M5b nur Rückseiten, M5c zum Selbstausfüllen

M6 | Arbeitsblatt »Gruppen«

M7 | Impulse zur Reflexion für die Lehrkraft

M8 | Link

Die ursprüngliche Projektbeschreibung mit weiteren Begründungen und hilfreichen Hinweisen der Autor*innen, abrufbar unter http://pb21.de/2013/01/facebook-spiel-download/

  

Schlüsselbegriffe

  • Medienerziehung
  • Medienethik
  • Anthropologie
  • Soziale Netzwerke
  • Digital
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