Konfirmandinnen und Konfirmanden wollen konfirmiert werden. Sie möchten ein großes Familienfest feiern – Gottesdienst, Segen und (Geld-) Geschenke inklusive. Zum Konfi-Kurs melden sie sich zum größten Teil an, weil sie als Kind getauft wurden. Die Jugendlichen möchten im Konfi-Kurs unterstützt werden, um selbst über ihren Glauben entscheiden zu können. Wahrscheinlich sind sie deshalb besonders stark (und im Laufe des Konfi-Kurses zunehmend) an den Themen „Gott“, „Sinn des Lebens“ sowie „Gerechtigkeit und Verantwortung für andere“ interessiert. Sie möchten die Gemeinschaft in der Konfi-Gruppe erleben und insgesamt viel Spaß haben. (Dies alles sind Ergebnisse der beiden Studien zur Konfirmandenarbeit.) Das heißt: Das Ganze muss ihnen (für ihr Leben) „etwas bringen“ – es muss für sie relevant sein.
Die zweite Studie zur Konfirmandenarbeit bestätigt im Kern die These, dass die Konfi-Zeit für die beteiligten Jugendlichen auf Konfirmation hinausläuft: auf das Fest - und auf die Festigung. Das Fest ist die rituelle Darstellung eines (neurobiologisch zu verstehenden) „Festigungsprozesses“, der zwar prinzipiell unabgeschlossen, in der Pubertät als Phase „fluider Identität“ aber besonders notwendig ist. Dies scheinen die Jugendlichen selbst so zu empfinden. (Dass 41% der – bayerischen – Konfis kurz vor ihrer Konfirmation angeben, sie würden sich am liebsten ohne vorherige Konfi-Zeit konfirmieren lassen, muss dieser Annahme nicht widersprechen, sondern könnte eher etwas über die Gestalt des erlebten Konfi-Kurses aussagen.)
Fest und Festigung gehören kirchengeschichtlich eng zusammen: Die kirchlichen Feste dienten von Anfang an der Ausbildung und Festigung eines Habitus, der das Denken, Fühlen, Wollen und Handeln der Christen prägt. Die Grundlage dieser inneren Haltung ist der Zuspruch und Anspruch aus der Taufe: „Du bist als Stellvertretung (‚Ebenbild‘) Gottes angesehen und deshalb auch verantwortlich (‚König‘) für die ganze Schöpfung. Du bist von Gott geliebt – wie die anderen auch (auch die, die ganz anders sind als du; mit denen du vielleicht Schwierigkeiten hast)!“
Theologischer Ausdruck der Zueignung dieses Zuspruchs und Anspruchs ist die Geistmitteilung. Der Habitus des Christenmenschen ist die Gestaltwerdung ("Inkarnation") des Geistes der Liebe. Rituell wird der christliche Habitus durch Handauflegung (und Salbung) – als altes Zeichen der Befähigung und Beauftragung – weitergegeben. So geschah es in der Alten Kirche unmittelbar bei der Taufe. Und so geschieht es – als Weiterentwicklung des davon abgeleiteten Sakraments der Firmung – heute bei der Konfirmation.
Die Grundlage des Ritus ist ein Bildungsprozess, wie er etwa in der Geschichte von den Emmaus-Jüngern oder vom äthiopischen Kämmerer angedeutet und formelhaft im so genannten Taufbefehl verdichtet dargestellt wird. Es geht dabei um „Weggemeinschaft“ und „Erinnerungskultur“, die jeweils auf eine gewisse Dauer angelegt sind. Ziel dieser Weggemeinschaft ist die „Er-Innerung“, die Inkarnation des Zuspruchs und Anspruchs aus der Taufe. Dafür sind relevante Erfahrungen von stützenden Beziehungen einerseits und Selbstwirksamkeit andererseits entscheidend.
Die traditionellen christlichen Erinnerungsgestalten zur Unterstützung dieses Bildungsprozesses sind zunächst der „Gottesdienst“ (liturgisch wie im Alltag – inklusive der Diakonie), dann natürlich heilige Schriften, heilige Orte, geprägte gemeinsame Zeiten und schließlich christliche Kunstwerke und Kirchenbauten. Alle diese Erinnerungsgestalten sind gewissermaßen Mnemotechniken der Konfirmation – der Festigung des Glaubens an den Gott der Liebe.
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Dabei ist sowohl an die Beschäftigung mit zentralen Stücken des Konfirmationsgottesdienstes wie auch an mögliche Gestaltungselemente für die anschließende Familienfeier zu denken. (Die neuen Familienkonstellationen erfordern hier u. U. eine besondere Würdigung.)
Was relevant ist, entscheiden zunächst die Jugendlichen selbst. Aber die grundlegenden Fragen des Jugendalters („Wer bin ich? Wer will ich sein? Was ist gut für mich und die anderen?“ etc.) verbinden sich leicht mit den Grundaussagen des christlichen Glaubens. Auch wenn diese zunächst fremd daherkommen, kann es zu Resonanzen kommen, die sie zu einer Erweiterung des „Relevanzkorridors“ der Jugendlichen führen können.
In der Auseinandersetzung z. B. mit formelhaften Stücken des gottesdienstlichen Ordinariums, mit Kasualien, dem Kirchenraum, mit diakonischem und (weltweitem) kirchlichem Leben können die Jugendlichen ihre aktuellen theologischen Konstruktionen überprüfen und verstärken bzw. ändern.
Verknüpfungen mit Orten, die auch außerhalb und nach der Konfi-Zeit aufgesucht werden, erhöhen die Chance auf Nachhaltigkeit. Neben dem Kirchenraum können sich dafür z. B. auch die Bushaltestelle, das Schwimmbad oder der Pausenhof einer Schule anbieten.
Die auf Konfirmation, d. h. auf Fest und Festigung, ausgerichtete Konfi-Zeit ist sowohl Bezugspunkt wie auch Beispiel für eine relevante, lebensbegleitende kirch(engemeind)liche Bildungsarbeit. Deshalb müssen während dieser „Intensivphase“ religiöser Bildung Verbindungen zu anderen Lernorten (Schule, Sport, Jugendarbeit etc.) hergestellt werden.
Wenn Jugendliche nach ihrem Konfirmationsfest freiwillig als ehrenamtliche Konfi-Teamer mitarbeiten, verlängert sich für sie die Konfi-Zeit. Nach dem Prinzip „Lernen durch Lehren“ können sie unterschiedliche Kompetenzen erwerben und ausbauen, die für eine christliche Lebenshaltung wichtig sind, z. B. Partizipations- und Artikulationskompetenz, Ambiguitätstoleranz und Gemeinschaftsfähigkeit.