Digitale Ethik

Soll ich - oder soll ich nicht?

 

Smartphone und Internet sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Aktuellen Zahlen zufolge hat bereits 2/3 der 10–11-Jährigen ein eigenes Handy und die Gruppe der 14–29-Jährigen kommt auf eine tägliche Internetnutzungszeit von fast sechs Stunden.[1] Apps wie Snapchat, Whatsapp, Instagram oder TikTok sind fester Bestandteil der digitalen Wirklichkeit von Kindern und Jugendlichen. Vor diesem Hintergrund erscheint die regelmäßig formulierte Forderung nach Medienerziehung auch in der Schule durchaus berechtigt, ist sie doch ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Zeit verbringen. Zudem beeinflusst der dort stattfindende soziale Austausch nicht unerheblich die Nutzung der modernen Medien.

Das Fach Religionslehre kann in diesem Kontext seinen ganz eigenen Beitrag leisten, indem es die Frage nach grundsätzlichen Werten stellt, die im Umgang mit der Digitalität gelten sollen und die Kinder und Jugendlichen zur Reflexion darüber anregt, welches Verhalten angemessen ist bzw. wo unangemessenes Verhalten beginnt. Der (neue) LehrplanPlus trägt dem insofern Rechnung, als er mit dem Lehrplanbereich 1 in der 9. Jahrgangsstufe genau diese Fragestellungen aufgreift; aber auch der noch in den Jahrgangsstufen 8–12 geltende Lehrplan des G8 ermöglicht eine Auseinandersetzung mit Grundfragen rund um Digitalität; zum einen in der Jahrgangsstufe 11, die sich im Lehrplanbereich 1 explizit mit Fragen der Medienethik beschäftigt, aber auch in Jahrgangsstufe 12, wenn es um »[d]ie Frage nach dem guten Leben« (Ev12.2) geht.

Der vorliegende Entwurf greift bereits existierende Materialien auf und kombiniert diese in einer Form, die es ermöglichen sollte, im Rahmen einer Doppelstunde zumindest grundlegende Fragen mit den Schüler*innen zu behandeln. Er wurde ursprünglich als Workshop im Rahmen der Jahrestagung der AERGB im März 2019 gehalten, sollte aber mit geringer Modifikation[2] auch im schulischen Kontext eingesetzt werden können. Wesentlicher Baustein sind die »10 Gebote der Digitalen Ethik«, die von Studierenden der Hochschule für Medien in Stuttgart im Rahmen eines Master-Projekts erarbeitet wurden; dabei wurden konkrete Fragen von Jugendlichen aufgegriffen, die diese an die Beratungsplattform juuuport.de gerichtet hatten.[3] Die »Zeit« wiederum hat zusammen mit der Telekom-Stiftung Unterrichtsmaterialien zu den »10 Geboten der Digitalen Ethik« erarbeitet, die hier Eingang finden.[4]

Der zu Beginn der Stunde gezeigt kurze Clip »Netzspionage – leicht gemacht!« (M1) dient zunächst der Sensibilisierung der Schüler*innen mit Blick auf die oft nur scheinbar vorhandene Anonymität bzw. Privatheit im Internet. Ein weiterer Impuls (M2) soll verdeutlichen, dass vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Handy und Internet aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind, es berechtigt erscheint die Frage zu stellen, nach welchen Regeln ein Zusammenleben im digitalen Raum erfolgen sollte. Das Arbeitsblatt (M4) regt in einem ersten Schritt zunächst zu einer Klärung der Begriffe »Privatheit« bzw. »Öffentlichkeit« an, bevor in einem zweiten Schritt die Beschäftigung, mit dem Text der »10 Gebote« (M3) erfolgt. Da diese primär Forderungen an den Einzelnen darstellen, sollte in einem weiteren Schritt gemeinsam überlegt werden, welche gesellschaftlichen Veränderungen darüber hinaus von Nöten sind, um ein »gelingendes Leben« im digitalen Raum zu ermöglichen. Ebenfalls kann, speziell in der Oberstufe, auch eine Problematisierung der »Gebote« erfolgen, da diese, anders als es die Begrifflichkeit suggeriert, keineswegs religiös legitimiert sind, zum Teil stark verkürzend bzw. vereinfachend formuliert sind und in manchen Aspekten auch schlicht die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen missachten. Im Sinne eines Ausblicks wäre abschließend ein Blick auf alternative Versuche denkbar, die ethischen Grundfragen rund um Digitalität zu beantworten (z.B. »Charta der digitalen Grundrechte der Europäischen Union«[5]).

Christoph Lange


[1] Vgl. Grunddaten Jugend und Medien 2019. S. 34. 54 http://www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/Grundddaten_Jugend_Medien.pdf

[2] Man könnte z. B. M2 durch aktuelle statistische Daten zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen ersetzen: https://de.statista.com/themen/2662/mediennutzung-von-jugendlichen/

[3]https://www.hdm-stuttgart.de/digitale-ethik/digitalkompetenz/10_gebote; https://www.klicksafe.de/service/aktuelles/news/detail/10-gebote-der-digitalen-ethik-veroeffentlicht/

[4]https://service.zeit.de/schule/digitalisierung/digitale-ethik/

[5]https://digitalcharta.eu/ 

Kompetenzerwartungen und daraus abgeleitete Verlaufsvorschläge

Die Schüler*innen können …

  • ihren Umgang mit Fragen der Privatsphäre im Internet reflektieren,
  • die Herausforderungen einer Abgrenzung zwischen Privatheit und Öffentlichkeit im Internet erkennen,
  • aus der Auseinandersetzung mit ethischen Fragen der Digitalität Konsequenzen für das eigene Handeln ableiten.
 Soz.formMat.

Einstieg

Die Lerngruppe sieht sich zunächst den Clip »Netzspionage – leicht gemacht« (siehe Link) an; anschließend Reflexion des Gesehenen.

 

Plenum

 

M1

Begegnung

Ausgehend von dem präsentierten Impuls einer angedeuteten Uhr mit GPS-Positionssymbolen Diskussion der Frage, wie man in einer Gesellschaft leben möchte, in der man 24 Stunden am Tag 7 Tage die Woche online ist.

Sie beschreiben das Bild und setzen sich im Dialog mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Deutungsmöglichkeiten auseinander.

 

LV, Plenum

 

M2 Präsentation

Vertiefung

Die Ergebnisse der einzelnen Gruppen werden durch einzelne oder mehrere SuS vorgestellt. Das Bild dazu wird auf der Dokumentenkamera gezeigt.  SuS und Lehrkraft stellen im Anschluss (Nach-)Fragen.

 

SV, UG

 

 

Vertiefung

Die Lerngruppe klärt zunächst grundsätzliche begriffliche Fragen zu »Privatheit« und »Öffentlichkeit« und setzt sich in einem weiteren Schritt, angeregt durch Leitfragen (M4), mit den »10 Geboten der Digitalen Ethik« (M3) auseinander.

 

EA, PA bzw. GA

 

M4 Arbeitsaufträge

Sicherung

Je nach Lerngruppe sind hier verschiedene Schritte möglich:

  • Vertiefte Beschäftigung mit den »10 Geboten«.
  • Problematisierung der »10 Gebote« (u.a. missverständliche Begrifflichkeit).
  • Ausweitung der Überlegungen von den Forderungen an Einzelne (vgl. M5) hin zu Fragen nötiger gesellschaftlicher Veränderungen.

Beschäftigung mit alternativen Entwürfen (z. B. »Charta der digitalen Grundrechte der Europäischen Union«)

 

SV

 

M5 Text, M6 Linkliste

Wir bedanken uns herzlich bei allen Rechteinhabern für die Genehmigungen, ihr Material in diesen Entwurf mit aufzunehmen. Trotz aller Bemühungen ist es uns bei den Recherchen nicht in allen Fällen gelungen, die Urheber ausfindig zu machen.  Sollten Fremdrechte bestehen, bitten wir die Rechteinhaber, uns zu benachrichtigen.

 

Das Konzept als PDF

Alle Materialien ZIP


Lehrplanbezug

Ev 11.1 »Wahrnehmung und Wirklichkeit«

Ev 12.2 »Die Frage nach der richtigen Lebensführung«

ER 9.1 »Frei im Netz!?«

ER 12.2 »Die Frage nach dem guten Leben«

  

Materialindex

M1 | Clip

»Netzspionage – leicht gemacht!«, Video-Download hier

M2 | Präsentation

Warum brauchen wir eine Digitale Ethik?

M3 | Text

10 Gebote der Digitalen Ethik, Quelle: https://www.juuuport.de/ueber-juuuport/service/infomaterial/ (PDF frei zum Download)

M4 | Arbeitsblatt

10 Gebote der Digitalen Ethik (Arbeitsaufträge), Quelle online.

M5 | Text

»Fuck the Bubble«, Quelle: http://t3n.de/news/filterblase-766329/ (27.05.2020, 14:22 Uhr)

M6 | Text

Linkliste

 

  

Schlüsselbegriffe

  • Medienethik
  • Menschenbild
  • Gebote
  • Social Media
  • Datenschutz
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